Freisings Innenstadt ist momentan nicht gerade ein Traum für Erholungssuchende, aber irgendwann geht auch das vorbei und dann starten wir mit der Erholung so richtig durch in unserer nigelnagelneuen Innenstadt. Bis dahin heißt es Zähne zusammenbeißen, durchhalten und sich daran erfreuen, dass Freising nicht nur aus einer Hauptstraße besteht. Möglichkeiten, um unbehelligt von Baulärm und Stolperfallen schöne Stunden zu verbringen, gibt’s in der Altstadt nämlich zur Genüge. Mein Tipp: ein Streifzug durch Freisings Fischergasse.
Erinnerungen werden wach
Die Fischergasse in Freising kennt ja jeder und jeder verbindet so seine eigenen Erinnerungen daran. Als Kind faszinierten mich die Fische in der Moosach und wenn ich ehrlich bin auch die Nähe zur damaligen Kaufhalle, oder besser gesagt der dortigen Rolltreppe. Später, zu Teenagerzeiten, schlichen wir um den in der Fischergasse sesshaften Sexshop herum. Gesehen haben wir zwar nie etwas Anrüchiges, aber es hätte ja sein können. Nach dieser seltsamen Phase war das Calafati jahrelang unser klarer Favorit und unser zweites Zuhause. Und obwohl mittlerweile ein tolles Café mit eigenem Namen dort Einzug gehalten hat, heißt es bei uns immer noch „Calafati“. Ja, manche Dinge ändern sich halt nie.
Führungen im Hexenturm – ein Muss für jeden Freisinger
In der heutigen Fischergasse heißt es vorrangig „Ab in den Knast“, denn das „Alte Gefängnis“ ist mittlerweile ein sehr beliebter und wichtiger Anlaufpunkt in Freising. Von Mai bis Oktober finden im Hexenturm Gefängnisführungen statt und die möchte ich Euch besonders ans Herz legen. Zu sehen sind neben den barocken Gefängniszellen (zum Teil noch im Original erhalten), ein Verhörzimmer samt Folterinstrumenten und einiges mehr. Ich fand die Führung super interessant, sehr professionell und mit dem richtigen Feingefühl gestaltet und ganz schön ergreifend, wenn ich ehrlich bin. Gerade die Themen Hexenverfolgung und Bettelbuben, um welche es sich zum Großteil dreht, gingen mir so richtig an die Nieren. Dummerweise dauerte es bei mir tatsächlich eine Zeit lang, bis ich wieder ohne traurige Hintergedanken Besuche im Weinlokal und seinem schönen Innenhof genießen konnte.
Kunst im Knast
Und wer jetzt keine Lust auf Gefängnisführung hat, der kann sich ganz der Kunst hingeben. Was Kunstausstellungen angeht, ist im Gefängnis nämlich das ganze Jahr über unglaublich viel geboten. Die Galerieräume befinden sich im 1. Stock und sind auch unabhängig von Ausstellungen sehenswert. Früher wohnte in den Räumen der Gefängnisdirektor, keine Ahnung warum mich das immer wieder aufs Neue fasziniert, aber vielleicht geht’s Euch ja auch so. Die schöne Aussicht auf Freisings Fischergasse muss auf jeden Fall auch erwähnt werden und letztendlich trifft man hier unter Garantie bekannte Gesichter, oder lernt neue Menschen kennen. In erster Linie geht’s in diesen ehrwürdigen Gemäuern (das „Alte Gefängnis“ ist ca. 300 Jahre alt) natürlich um die schönen Künste, eh klar. Das komplette Programm für die Kunstausstellungen, Infos zur Gefängnisführung und vieles mehr findet Ihr hier.
La Dolce Vita an der Moosach
Wenn die Sonne herunterknallt, gibt’s nichts Schöneres, als am Wasser zu sitzen und das kann man in der Kaffeerösterei Junker‘s (dem früheren Calafati) ganz wunderbar. Hier sitzt man direkt an der idyllisch vor sich hinplätschernden Moosach und schaut den Fischen zu, während man seinen Kaffee, Kuchen, oder eine eisgekühlte Schorle genießt. Dass der Kaffee hier klasse ist, brauch ich jetzt nicht zu erwähnen, ich meine frischer geht’s ja jetzt nicht mehr, aber mir hat es eher der Kuchen angetan. Erste Sahne! Hausgemacht und nicht so pappsüß, wie man ihn oft woanders serviert bekommt. Darauf legt die nette Konditorin übrigens wert:)
Klein Venedig in Freising
Ganz schön übertrieben? Ja da habt’s jetzt auch recht, wenngleich ein bisschen was schon dran ist. Da hätten wir zum Beispiel die Tatsache, dass ein Großteil der Häuser in Freisings Fischergasse auf Pfählen erbaut wurde. Sogar das H&M Gebäude steht auf Pfählen, wenngleich es nicht an Venedig erinnert. Nehmen wir dann noch das uralte Kopfsteinpflaster, die alten Häuser aus dem 17. Jahrhundert und natürlich die Moosach dazu, schon haben wir es, das Gefühl in Venedig gelandet zu sein. Woher ich das alles weiß? Von meiner Nachtwächterführung mit den Freisinger Stadtbären. Die Führungen drehen sich nicht ausschließlich um die Fischergasse, sie wird aber doch recht ausgiebig und vor allem anschaulich behandelt. Besagte Nachtwächterführung war übrigens mein abenteuerlichstes Erlebnis, seit ich Servus Freising betreibe. Die Stadtbären, müsst Ihr wissen, sind ein recht spontanes Volk und so wurde ich ohne Vorwarnung als Hebammengehilfin eingesetzt. Aber das ist eine andere Geschichte. Wen’s interessiert: Servus Freising und die Nachtwächterführung. Zurück zu „Klein Venedig“. Während die eine Seite der Fischergasse tipptopp renoviert und zum Teil neu gebaut ist, ist die andere Seite ein bisschen verwahrlost, was aber irgendwie halt auch dazu gehört. Morbider Charme könnt man wohl so sagen. Das Woolworth Gebäude klammere ich mal aus, denn da fällt selbst mir nichts Charmantes ein, aber ansonsten ist die Fischergasse eine der ältesten Gassen in Freising und wohl auch eine der schönsten und authentischsten.
Fazit
Wie Ihr seht, kann man einen lehrreichen, kulturellen, genießerischen, entspannten und abenteuerlichen (die Nachtwächterführungen haben es in sich) Tag in einer einzigen Gasse erleben.
Fotos: Rosi und Thomas Strasser / Bild: Dietmar Schwarte www.freizeit-werkstatt.de
Der Artikel „Ein Streifzug durch Freisings Fischergasse – so kannst Du dem Baulärm trotzen “ enthält Werbung. Diese ist unbezahlt und ohne Auftrag.